KAP. 3 - STRUKTUR & INHALTE

AUFBAU UND PRAKTISCHE INFORMATIONEN

Die 4-jährige familientherapeutische Ausbildung setzt sich zusammen aus einer 2-jährigen Basisausbildung, die zur Absolvierung des Aufbaukurses im anschließenden 3. und 4. Jahr berechtigt. Jedes der insgesamt 4 Ausbildungsjahre umfasst 28 Unterrichtstage pro Jahr, die sich auf 14 Tage pro Halbjahr verteilen aufgeteilt in drei- und viertätige Workshops. In der Basisausbildung kommen pro Jahr 2 theoretische Vorlesungen dazu.

Die Ausbildung erfolgt größtenteils in einer Gruppe von 16 bis 18 Teilnehmern bzw. Teilnehmerinnen, die in der Regel von einer, bisweilen von zwei Lehrkräften pro Workshop geleitet wird.

Bei Abschluss jedes Ausbildungsjahres werden die fachpersönliche Entwicklung und therapeutischen Kompetenzen der Ausbildungsteilnehmer und –teilnehmerinnen einer Beurteilung unterzogen. Diese erfolgt in Form einer dialogbasierten Selbstbeurteilung und einer Beurteilung durch eine oder zwei Lehrkräfte.

Die 2-jährige Basisausbildung stellt eine Einführung in die familientherapeutische Arbeit dar. Im Mittelpunkt steht dabei die Vermittlung eines grundlegenden psychologischen Wissens, das vom Ausbildungsteilnehmer bzw. –teilnehmerin internalisiert werden soll. Die Ausbildung geht von dem Hintergrund, den fachpersönlichen Bedürfnissen und beruflichen Zielen der Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus. Auf der Basis einer direkten Supervision von Beratungs- und Therapieabläufen kommt es zu einer kontinuierlichen Wechselwirkung zwischen Theorie, Methodik und fachpersönlicher Entwicklung, beispielsweise durch theoretische und praktische Arbeit mit intersubjektiven Prozessen.

Die therapeutische Arbeit mit Gastklienten und -klientinnen erfolgt unter direkter Supervision. Im 3. und 4. Ausbildungsjahr werden die theoretischen, beruflichen und persönlichen Qualifikationen berufsbezogen ausgebaut, wobei externe und supervidierte Klientenbehandlungsabläufe obligatorisch sind.

Beim Übergang von der Basisausbildung zum 3. Ausbildungsjahr kann es zu einer Wartezeit kommen. Gleiches gilt beim Übergang vom 3. zum 4. Ausbildungsjahr.

Ausbildungsgruppen werden nur unter der Voraussetzung gebildet, dass sich genügend Teilnehmer bzw. Teilnehmerinnen angemeldet haben.

Lehrveranstaltungen und Veranstaltungszeiten

Die Lehrveranstaltungen erfolgen in der Regel in Form von drei- und viertägigen Workshops. Der Unterricht findet am Anreisetag von 10.00-12.00 und 15.00-18.00 Uhr und am Abreisetag von 9.00-12.00 und 14.00-16.30 Uhr statt.

Jede Ausbildungsgruppe wird in drei Kleingruppen mit 5 bis 6 Ausbildungsteilnehmern und -teilnehmerinnen eingeteilt. Diese Kleinngruppen treffen sich mittags und abends zwischen und nach dem lehrergeleiteten Unterricht zur gemeinsamen Arbeit. Näheres zu den Kleingruppen ist dem Abschnitt „Kleingruppen und Therapiearbeit“ weiter unten zu entnehmen.

Die Ausbildung umfasst eine Gesamtstundenzahl von 1060 Unterrichtsstunden. Davon sind 846 lehrergeleitete Präsenzunterrichtsstunden, welche die eigentliche Ausbildung ausmachen. Überdies müssen über die im Unterricht enthaltene Therapie und Supervision hinaus 20 Stunden individuelle Therapie und 50 Stunden Supervision absolviert werden, sodass sich die Gesamtzahl der Präsenzunterrichtsstunden auf 916 beläuft.

Hinzu kommen mindestens 200 nicht lehrergeleitete Stunden obligatorische Studiengruppenarbeit, die mittels Protokolle indirekt supervidiert werden.

1. Jahr der Basisausbildung – 211,50 Unterrichtsstunden

Theorie und Methodik Insgesamt 112,50

Eigentherapie in der Gruppe Insgesamt 57,50

Supervision in der Gruppe Insgesamt 42,50

2. Jahr der Basisausbildung – 211,50 Unterrichtsstunden

Theorie und Methodik Insgesamt 112,50

Eigentherapie in der Gruppe Insgesamt 57,50

Supervision in der Gruppe Insgesamt 42,50

3. Jahr – 211,50 Unterrichtsstunden + 10 + 25

Theorie und Methodik Insgesamt 112,50

Eigentherapie in der Gruppe Insgesamt 57,50 + mindestens 10 Stunden
individuelle Therapie

Supervision in der Gruppe Insgesamt 42,50 + mindestens 25 Stunden externe Supervision

4. Jahr – 211,50 Unterrichtsstunden + 10 + 25

Theorie und Methodik Insgesamt 112,50

Eigentherapie in der Gruppe Insgesamt 57,50 + mindestens 10 Stunden individuelle Therapie

Supervision in der Gruppe Insgesamt 42,50 + mindestens 25 Stunden externe Supervision

Verteilung der 916 Unterrichtsstunden

450 Stunden Theorie und Methodik
216 Stunden Supervision
250 Stunden – Eigentherapie / Selbstreflexion

Halbjahrespläne und Kursbeschreibungen

(in Vorbereitung)
Eine ausführliche Themenübersicht und ein detaillierter Unterrichtsplan sind den Halbjahresplänen zu entnehmen, die von der Website www.ddif.de heruntergeladen werden können (in Vorbereitung). Jedes Halbjahr besteht aus 14 Unterrichtstagen. Jeder Unterrichtstag entspricht 7,55 Unterrichtsstunden (5,66 Zeitstunden/0,75). Die Unterrichtsstunden verteilen sich auf die Bereiche Theorie und Methodik, Eigentherapie und Reflexion sowie Supervision weitestgehend nach dem Verteilungsschlüssel 50 %/30 %/20 %.

Eigentherapie und Supervision

Im Rahmen der 2-jährigen Basisausbildung ist das Durchlaufen einer Eigentherapie oder Supervision nicht verbindlich vorgeschrieben. Jedoch ist eine Eigentherapie häufig anzuraten. Im 3. und 4. Ausbildungsjahr sind mindestens 10 Stunden individuelle Eigentherapie pro Jahr (durch externe Therapeuten oder Therapeutinnen) obligatorisch, sofern der Ausbildungsteilnehmer oder die -teilnehmerin sich nicht zuvor einer Therapie im Gesamtumfang von 20 Stunden unterzogen hat. Diese Stunden sind durch Einreichung von Quittungen zu belegen. Dabei ist zu beachten, dass der Therapeuten bzw. der Therapeutin vom ddif anerkannt ist oder ein approbierter Psychologe oder Psychiater bzw. approbierte Psychologin bzw. Psychiaterin ist. Die Kosten für die individuelle Eigentherapie sind nicht in den Ausbildungsgebühren enthalten.

Darüber hinaus ist im 3. und 4. Ausbildungsjahr ebenso eine Supervision in Verbindung mit der externen Klientenarbeit obligatorisch. Diese muss mindestens 25 Stunden pro Jahr umfassen. Die Supervision kann sowohl intern als auch extern erfolgen, beispielsweise an einem Arbeitsplatz oder durch einen Supervisor bzw. eine Supervisorin, den bzw. die der Supervisand oder die Supervisandin selbst ausfindig macht. Dabei ist zu beachten, dass der Supervisor oder der Supervisorin vom ddif anerkannt ist. Die Kosten für die externe Supervision sind nicht in den Ausbildungsgebühren enthalten, werden jedoch ganz oder teilweise durch die vom Klienten oder von der Klientin zu entrichtenden Gebühren gedeckt. Für letztere wird eine Höhe von 30,- Euro pro Sitzung empfohlen (Richtwert).

Beratungsgespräche

Die Lehrkräfte dürfen in der Ausbildung befindliche Ausbildungsteilnehmer bzw. -teilnehmerinnen nicht individuell therapieren. Sollte ein Ausbildungsteilnehmer bzw. eine –teilnehmerin akute Hilfe benötigen, kann ihm oder ihr von einer Lehrkraft ein Beratungsgespräch angeboten werden (maximal 3 Beratungsgespräche pro Jahr), wonach der Teilnehmer bzw. Teilnehmerin an einen externen Therapeuten bzw. eine externe Therapeutin verwiesen wird. Die Kosten für diese Beratungsgespräche sind vom Ausbildungsteilnehmer bzw. von der –teilnehmerin selbst zu tragen.

Beurlaubung und Abwesenheit

Die Ausbildung ist binnen eines Zeitraums von 6 Jahren zu absolvieren. Beurlaubungen oder Befreiungen von dieser zeitlichen Auflage werden nur in besonderen Ausnahmefällen gewährt, beispielsweise bei Krankheit, Geburt eines Kindes o. Ä. Eine Beurlaubung von der Ausbildung wird nur auf schriftlichen Antrag genehmigt und kann jeweils für maximal ein Jahr beantragt werden. Eine Befreiung von der Ausbildungshöchstdauer von 6 Jahren wird nur nach einer konkreten individuellen Beurteilung unter Berücksichtigung des individuellen Ausbildungsverlaufs gewährt. Eine Beurlaubung befreit den Betreffenden oder die Betreffende nicht grundsätzlich von der Zahlungsverpflichtung. Im Falle einer eventuellen Befreiung von der Pflicht zur Entrichtung der Ausbildungsgebühren während des Beurlaubungszeitraums wird die Zahlung bis zum Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Ausbildungsgangs zu den zum jeweiligen Zeitpunkt geltenden Preisen aufgeschoben. Die Leitung des Instituts kann einem Ausbildungsteilnehmer bzw. einer –teilnehmerin eine Beurlaubung auferlegen, wenn besondere Umstände dafür sprechen. Die Bedingungen für die Beurlaubung werden zum Zeitpunkt der Auferlegung vom Lehrkörper festgelegt und vom Ausbildungsleiter genehmigt.

Abwesenheiten von der Ausbildung werden registriert und dürfen ein festzulegendes Maß pro Jahr nicht überschreiten. Eventuelle Abwesenheiten können ggf. gegen Entrichtung einer Gebühr in der nachfolgenden Ausbildungsgruppe nachgeholt werden.

Abbruch/Abmeldung

In besonderen Fällen kann die Leitung des Instituts beschließen, einen Ausbildungsteilnehmer bzw. eine -teilnehmerin aus dem Ausbildungsvertrag zu entlassen, wenn sie nach einer Gesamtbeurteilung zu der Auffassung gelangt ist, dass der betreffende Teilnehmer bzw. die betreffende Teilnehmerin nicht imstande ist, die mit der Ausbildung verbundenen Anforderungen und Verpflichtungen zu erfüllen. Im Falle einer Aufhebung des Vertrags endet die Zahlungsverpflichtung mit dem Ablauf des jeweiligen Monats.

Anrechnung von Ausbildungsleistungen

Siehe Kapitel 2.

WISSENSCHAFTLICHE GRUNDLAGEN

Die Ausbildung am ddif ist vom allgemeinpsychologischen und therapeutischen Ansatz her beziehungsorientiert angelegt. Unsere persönlichkeits- und entwicklungspsychologische Optik hat eine psychodynamische und sozialpsychologische Ausrichtung, wobei wir von einer humanistisch-existenziellen Wertebasis ausgehen. Wir wenden einen erlebnisorientierten gestalttherapeutischen Ansatz an, mit einem Schwergewicht auf der Psychologie und Psychotherapie im familientherapeutischen Bereich.

Im folgenden Text werden die wissenschaftlichen Grundlagen der Hauptgebiete der Ausbildung sowie die psychotherapeutische Ausrichtung, methodologischen Grundlagen und Wertebasis der Ausbildung beschrieben und durch Verweise auf wissenschaftliche Arbeiten/Literatur dokumentiert. Des Weiteren werden die angewandten phänomenologischen Methoden beschrieben und die im Rahmen der Ausbildung vermittelten ethischen Regeln für die Ausübung einer familientherapeutischen Tätigkeit vorgestellt.

Eine Beschreibung der im Rahmen der Ausbildung behandelten Unterrichtsthemen, Ausbildungsziele, Ausbildungsinhalte und des Umfangs der Ausbildung (Stundenzahl) sowie eine Auflistung der dazugehörigen Kursliteratur sind den jeweiligen aktuellen Semesterplänen (www.ddif.de in Vorbereitung) zu entnehmen. Das Literaturpensum entspricht der verbindlichen Kursliteratur (Pflichtlektüre).

Entwicklung, Struktur, Inhalte und Funktion der Persönlichkeit

Persönlichkeit lässt sich definieren als sie Summe der psychischen Austauschvorgänge, die dem Einzelnen oder der Einzelnen zugänglich (bzw. nicht zugänglich) sind und somit als die (die Person kennzeichnende) Gleichartigkeit, mit der der bzw. die Einzelne perzipiert, fühlt, denkt und sich selbst und seine bzw. ihre Beziehungen zur Umwelt erlebt. „Selbst“ und „Identität“ sind sozialpsychologische Begriffe zur Beschreibung des gleichen Phänomens. Der Begriff „Identität“ leitet sich von dem lateinischen Wort „identitas“ ab, das so viel bedeutet wie „dasselbe, das Gleiche“ und in seiner Bedeutung dem Begriff „Persönlichkeit“ sehr nahekommt.

Gegenstandsfeld der Familientherapie ist die Persönlichkeit des Klienten bzw. der Klientin (und somit auch die Beziehungen des Klienten oder der Klientin), und die Persönlichkeit des Therapeuten bzw. der Therapeutin bildet das Werkzeug des Therapeuten oder der Therapeutin – und somit auch die „Antriebsräder“ der Interventionen, Methoden und Wertebasis. Die verschiedenen Persönlichkeiten treffen sich dabei in einem therapeutischen Setting. Das Phänomen der Persönlichkeit oder des Selbst/der Identität (die hier in der gleichen Bedeutung verwendet werden) sowie die Relationen bilden den Dreh- und Angelpunkt jeder familientherapeutischen Weiterbildung (bzw. sollte diesen bilden), denn das Ziel von therapeutischen Interventionen ist eine Beeinflussung der Persönlichkeit und der Beziehungskompetenz des Klienten bzw. der Klientin, die Wachstum und Veränderung herbeiführen soll – und zwar zum Wohle des Klienten bzw. der Klientin. Gleichzeitig kommt der Persönlichkeit des Therapeuten bzw. der Therapeutin entscheidende Bedeutung dafür zu, zu welcher Begegnung und welcher Veränderung bzw. welchem Wachstum es kommen kann, denn ein mögliches Entwicklungspotenzial entfaltet sich stets in einer (unvermeidbaren) Interaktion zwischen den Persönlichkeiten des Klienten bzw. der Klientin und des Therapeuten bzw. der Therapeutin und den Stärken und Begrenzungen des Therapeuten bzw. der Therapeutin.

Eine allgemein anerkannte Annahme der Allgemeinpsychologie (Persönlichkeits- und Entwicklungspsychologie, Sozialpsychologie und kognitiven Psychologie) ist, dass wir das soziale System, in dem wir aufwachsen und in dem wir uns entwickeln, internalisieren (Matlin, 2005). Diese Internalisierung schafft die Grundlage dafür, wie und auf welchem psychischen Reifeniveau wir funktionieren und welche psychischen Austauschvorgänge (Geben vs. Nehmen und Nähe vs. Abstand) uns sowohl interpsychisch als auch intrapsychisch zugänglich sind (Fonagy, Shore und Stern, 2006).

Aus sozialpsychologischer Perspektive wird das Selbst durch soziale Interaktion geschaffen und geformt, wobei wir durch Sprache und Handlungen Symbole austauschen, die reich an (für alle Seiten gemeinsamem) Sinn sind (Mead, 2005/ 1934). Unsere soziale Interaktion und soziale Existenz hängen davon ab, dass wir wissen, wer wir sind und wer die anderen sind. Identität und Selbstauffassung sind Teil dieses Wissens, das die Grundlage dafür bildet, sowohl die eigenen Fähigkeiten, Haltungen und Handlungen als auch die anderer beurteilen und vorhersagen zu können (Hogg & Vaughan, 2005).

Selbst und Identität sind kognitive Konstruktionen, die von der sozialen Interaktion und Wahrnehmung beeinflusst werden und diese durch ihre Vorhersehbarkeit sowohl für uns selbst wie auch für andere beeinflussen (ebd.). Das Selbst ist laut Markus (1977) eine feste kognitive Struktur, die aus Selbstschemata besteht, die auf früheren Erfahrungen basieren. Eine andere Sichtweise, die von Turner und Oakes (1997) vertreten wird, ist die Vorstellung von einer fließenderen und flexibleren Selbstrepräsentation, die sich nach dem sozialen Kontext der aktuellen Situation richtet. Dieser fließende Charakter wird von Turner und Oakes freilich dadurch eingeschränkt, dass sie auch von einer sozial vermittelten Struktur mit einem eingelagerten individuellen Element (ebd.) sprechen. Laut Turner und Oakes (1997) wird die Gesellschaft als Teil eines kognitiven Funktionierens internalisiert, sodass das Selbst die kognitive Aktivität steuert, wobei die Kognition durch das Selbst sozial konstituiert wird.

Hier stellt sich die Frage, in welchem Maße es sich bei dem Selbst um eine sprachliche Konstruktion handelt oder vielmehr um eine Konstruktion aus „festeren“, doch zugleich veränderlichen sozialen Identitäten/kognitiven Strukturen. Eine denkbare Betrachtungsweise wäre, dass Selbst und Identität soziale Interaktionen nur dann beeinflussen können, wenn sie eine Form von stabiler Essenz und Gewicht besitzen.

Die Frage nach dem Selbst und nach der Essenz und dem Gewicht der Teilidentitäten lässt sich teilweise durch Einbeziehung einer persönlichkeits- und entwicklungspsychologischen Perspektive beantworten. Laut Otto F. Kernberg kommt es zu einer reziproken Beeinflussung und Ansteckung epigenetischen Charakters zwischen der biologisch vorgegebenen (angeborenen) Persönlichkeitskonstitution (Instinkten und Temperament) und der allmählichen Heranbildung und Heranreifung der Persönlichkeitsstruktur durch die Interaktion mit dem frühen sozialen Betreuungsumfeld (Kernberg, 1976). Selbst und Identität haben also aus dieser Perspektive auch ein gewisses Maß an physischer Essenz aufgrund einer neurobiologischen Komponente. Diese Perspektive wird im Übrigen auch von anderen Psychodynamikern/Objektbeziehungstheoretikern und durch neuere Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der interpersonalen Neurobiologie von Fonagy, Schore und Stern (2006) gestützt. Die Vorstellung, dass Selbst, Identität und Selbstauffassung durch soziale Interaktion geschaffen und geformt werden, als eine Internalisierung von Gesellschaft, Umgebung und sozialen Interaktionen, die schließlich in eine mehr oder weniger feste kognitive Struktur mündet, ist demnach nicht ausschließlich eine sozialpsychologische Perspektive, sondern auch eine Sichtweise, die in der Persönlichkeits- und Entwicklungspsychologie vertreten wird.

Kernberg (Objektbeziehungstheoretiker) steht somit keineswegs alleine da, sondern wird vielmehr von entwicklungspsychologisch orientierten Theoretikern wie z. B. Stern (interpersonale Beziehungen), Kohut (Selbstpsychologie) und Bowlby (Bindungspsychologie) gestützt, die den Schwerpunkt in höherem Maße auf den eigentlichen Entwicklungsprozess legen. Ungeachtet der unterschiedlichen Bezeichnungen ihrer jeweiligen Ausrichtung sind sich alle vier Theoretiker darin einig, dass der (Art und Qualität der) Beziehung zum (frühen) sozialen Primärsystem hohe Bedeutung zukommt. Eben diese Beziehung ist der Generator für die Bildung von kognitiven Strukturen, die als innere Bilder bezeichnet werden, oder auch als Schemata für Austauschvorgänge zwischen Subjekt und Objekt jetzt und in der Zukunft, in deren Rahmen sich die kognitiven Prozesse vollziehen.
Die Sozialpsychologie teilt weitgehend die Sichtweise der Entwicklungspsychologie in Bezug auf kognitive Strukturen sowie die Vorstellung, dass Selbst, Identität und Selbstauffassung durch soziale Interaktion geschaffen und geformt werden. Bowlby spricht von Arbeitsmodellen, die sich auf mentale Repräsentationen des Selbst und der anderen gründen, welche durch frühkindliche wiederholte Bindungsmuster mit Betreuungspersonen entstehen (Bowlby, 1969). Kernberg spricht ebenso wie Bowlby davon, dass das Kind das Beisammensein durch die Selbst- und Objektrepräsentation des Alltags internalisiert. Diese Aneignung führt eine kognitive psychische Struktur herbei, in der sich die frühkindliche soziale Interaktion widerspiegelt. Die innere Welt spiegelt also aus dieser Perspektive überwiegend die tatsächliche äußere Welt und den Kontext wider, in den Mutter und Kind eingegliedert sind (Kernberg, 1976). Kohut knüpft unmittelbar an diese Auffassung an, indem er davon spricht, wie Selbstobjekte internalisiert werden und wie das Individuum dadurch innere Bilder schafft, die sich allmählich zu einem mehr oder weniger zusammenhängenden Selbst entwickeln, das davon abhängt, welche Selbstobjekte jeweils zur Verfügung stehen (Kohut, 1990). Und schließlich beschreibt auch Stern – angeregt von der Objektbeziehungstheorie und der Selbstpsychologie – den gleichen Prozess, lediglich mit anderen Begriffen und Betonungen. Stern nennt Repräsentationen von generalisierten Interaktionen „RIGs“, die eine Akkumulation von Erlebnissen darstellen. Die am häufigsten eintretende Art von Erlebnissen prägt und formt dabei langfristig die Identität und die Selbstauffassung (Stern, 2000).

Josephs und Ribbert beziehen ihre Anregungen aus der Bindungstheorie und gehen dabei von den inneren Arbeitsmodellen der Bindungstheorie aus, welche sie mit der Theorie über „das dialogische Selbst“ verknüpfen (Josephs & Ribbert, 2003). Das Selbst wird als eine Menge von „Ich-Positionen“ betrachtet, die jeweils aus sozialen Beziehungen heraus erwachsen und die realen sozialen Austauschformen gleichkommen. Jede Ich-Position hat eine Stimme, die zu den Stimmen anderer Ich-Positionen in einer dynamischen Dialogbeziehung in Beziehung gesetzt wird. Eben diese dialogische Interaktion zwischen hierarchisch unterschiedlichen Stimmen bildet die Grundlage der entwicklungsbezogenen Transformation. Josephs und Ribbert machen daher geltend, dass die Theorie des dialogischen Selbst eine Erklärung dafür liefert, wie innere Arbeitsmodelle transformiert werden und neue gebildet werden können. Somit stimmen Josephs und Ribbert also der Auffassung zu, dass das Selbst eine soziale Herkunft hat, doch meinen sie im Gegensatz zu beispielsweise Turner und Oakes, dass das Selbst persönlich konstruiert wird, und zwar durch den Dialog zwischen den verschiedenen Ich-Positionen (ebd.). Dabei ist anzunehmen, dass dieser Dialog von dem psychischen Material ausgeht, das allgemein zugänglich ist und das äußere wie auch innere Leben des Individuums prägt. Ein durchgängiges Element in den sozialpsychologischen und objektbeziehungspsychologischen Theorien und in der Anwendung dieser Perspektiven in der Ausbildung am ddif ist folglich die Annahme, dass die innere Welt die äußere widerspiegelt – und umgekehrt. Beide werden in der Beziehung geformt, und deshalb bildet die Beziehungsarbeit einen zentralen Unterrichtsschwerpunkt der 4-jährigen therapeutischen Ausbildung am ddif.

Literaturhinweise zu den wissenschaftlichen Grundlagen – Persönlichkeitspsychologie

Die Literaturliste der relevanten Titel in deutscher Sprache wird erarbeitet.

Die nachstehend aufgeführten Literaturhinweise beziehen sich ausschließlich auf den obigen Text über die wissenschaftlichen Grundlagen des Unterrichts über die Entwicklung, Struktur und Inhalte der Persönlichkeit. Hinweise auf die zum gleichen Fachgebiet in der Ausbildung verwendeten Literatur sind den jeweils aktuellen Semesterplänen zu entnehmen, die unter www.ddif.de eingesehen werden können.

Bowlby, J. (1969), Attachment and loss vol. 1, London: Pimlico.

Fonagy, P., Schore A. N. & Stern, D. (2006), Affektregulierung in Entwicklung und Psychotherapie

Hogg, M. A. & Vaughan, G. M. (2005), Social psychology, 4th edition, Harlow, UK: Pearson Education, Prentice Hall (Kap. 2-8, 10-11).

Josephs, I.E. & Ribbert, H. (2003), Where is the Other in the Self? Multiplicity, Unity and Transformation of Self from a Developmental Standpoint. In: Brüne, M., Ribbert, H. & Shiefehövel, W. The Social Brain. Chichester, England: Wiley. 153-167. 15 S.

Kernberg, O. F. (1976), Object-Relations Theory and Clinical Psychoanalysis (1. Auflage), London: Aronson.

Kohut, H. (1990). Die Psychologie des Selbst.

Markus, H. (1977). “Self-Schemata and Processing Information About the Self”, Journal of Personality and Social Psychology, 35, (2), Februar, 63-78. In: E. Aronson & A.R. Pratkanis (Hrsg.) (1993), Social Psychology Vol. II, Aldershot, England: Edward Elgar Publishing Limited. 16 S.

Matlin, M. W. (2005), Cognition (6th ed.), John Wiley & Sons.

Mead, G. H. (1934). Geist, Identität und Gesellschaft Chicago, IL: University of Chicago Press. (Deutsche Übersetzung: Geist, Identität und Gesellschaft aus der Sicht des Sozialbehaviorismus. Suhrkamp-Verlag, Frankfurt am Main 1968)

Stern, D., N. (2000) Die interpersonelle Welt des Säuglings (3. Ausgabe, 4. Auflage.) Kopenhagen: Hans Reitzels Forlag.

Turner, J.C. & Oakes, P.J. (1997). The Socially Structured Mind. I. (Hrsg.) McGarty, C. & Haslam, S.A. The Message of Social Psychology. Cambridge: Blackwell Publishers. 355-377. 23 S.

Familientherapeutische Ausrichtung, methodologische Grundlagen und Wertebasis

Die Arbeit am Institut fußt auf einer humanistisch-existenziellen Wertebasis. Fachliche Grundlage ist die erlebnisorientierte Familientherapie, eine beziehungsorientierte Psychotherapie mit besonderer Gewichtung der Familiensicht. Einen Schwerpunkt der Ausbildung bildet die Eigentherapie und Selbstreflexion unter Supervision in einem fortlaufenden Prozess, der darauf abzielt, die Persönlichkeitsentwicklung des Ausbildungsteilnehmers anzuregen. Die Persönlichkeitsentwicklung (die Erlangung einer reifen Persönlichkeitsstruktur) bildet für den Therapeuten bzw. die Therapeutin die Grundlage dafür, dass er bzw. sie sich selbst als Person in reifer, authentischer – und für den Klienten und die Klientin fruchtbarer – Weise einbringen kann.

Therapeutischer Ansatz

Der therapeutische Ansatz, der bei der Ausbildung am ddif angewandt wird, basiert auf drei theoretischen Grundpfeilern: der erlebnis- und familienorientierten Psychotherapie, der existenziellen Psychologie und der Gestaltpsychologie und therapie.

Die erlebnisorientierte Familientherapie geht von der humanistisch-existenzialistischen Theoriebildung aus. Zu den Begründern der erlebnisorientierten Therapieform gehören Carl Rogers mit seiner klientenzentrierten Therapie (Rogers, 1988) sowie Fritz Perls mit seiner Gestalttherapie. Beide machten erstmals in den 1950er Jahren in den USA auf sich aufmerksam. Rogers leistete auf diesem Gebiet Pionierarbeit, indem er das Augenmerk auf die Beziehung zwischen dem Therapeuten und dem Klienten richtete. Ihn beschäftigte die Fähigkeit des Therapeuten, den Klienten und Klientinnen in authentischer, kongruenter Weise zu begegnen – ohne zu verurteilen, akzeptierend und verständnisvoll. Diese Herangehensweise nannte Rogers „non-directive“, d. h. eine nicht steuernde, sondern vielmehr reflektierende Herangehensweise (Hougaard, 2004).

Der erlebnisorientierte Ansatz ist humanistisch und phänomenologisch (Erscheinungsformen – ich erlebe) und zeichnet sich durch seinen prozessorientierten Charakter aus. Der Therapeut bzw. die Therapeutin ist dabei Teil des Geschehens, er bzw. sie zeit sich persönlich und der Schwerpunkt liegt mehr auf dem „Hier und Jetzt“ als auf der „Vergangenheit/Zukunft“.

Der phänomenologische Ansatz fußt auf der vorurteilsfreien Begegnung mit dem Klienten oder der Klientin in einem ebenbürtigen, mitmenschlichen Kontakt. Ausgangspunkt bildet dabei das unmittelbar Vorhandene, welches durch die Erlebnisse, Gedanken, Interpretationen und Handlungen des einzelnen Menschen zum Ausdruck kommt. Der Respekt vor dem Menschen zeigt sich darin, dass man dies einsieht und sich nicht bevormundend aufführt und dass man es unterlässt, die Person, Bedürfnisse und das Leben des Klienten oder der Klientin zu diagnostizieren und/oder zu definieren. Ausgangspunkt der Therapie bildet die Beschreibung des Themas (zumeist das Thema Schmerz) durch den Klienten oder die Klientin selbst, wobei dem Klienten oder der Klientin geholfen werden soll, Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen. Der Therapeut bzw. die Therapeutin versteht seinen bzw. ihren Klienten oder ihren bzw. ihre Klientin als Mitmenschen und hält sich selbst mit eigenen Ideen im Hintergrund (bleibt in der zweiten Reihe), baut Erwartungen ab, sieht nichts als gegeben an, um zu ermitteln, wie der Klient bzw. die Klientin sich selbst und seine bzw. ihre eigenen Lebensmöglichkeiten erlebt.

Dies erfolgt durch die Hier-und-Jetzt-Erforschung der Gefühle und Gedanken des Klienten bzw. der Klientin, welche die Grundlage für die persönliche Reflexion und Einsicht bildet. Im Rahmen des Unterrichts befassen wir uns u. a. mit der Fähigkeit des Therapeuten bzw. der Therapeutin , authentisch zu arbeiten, seiner bzw, ihrer Bearbeitung eigener persönlicher Themen und seiner bzw. ihrer Fähigkeit, sich über vorgefasste Meinungen und begriffliche Einteilungen der Welt in einer ebenbürtigen Begegnung mit dem Klienten bzw. der Klientin hinwegzusetzen.
Die Fähigkeit des Therapeuten bzw. der Therapeutin, dem Klienten bzw. der Klientin dabei zu helfen, sein bzw. ihr eigenes Leben, wie sich dieses in seinem bzw. ihrem Verhalten, seinen bzw. ihren Handlungen, Gedanken, Phantasien und Gefühlen äußert, in Worte zu fassen, ist somit entscheidend dafür, dass der Klient bzw. die Klientin verstehen lernt, was ihn bzw. sie daran hindert oder was ihm bzw. ihr helfen kann, Lösungen für die Dilemmata seines bzw. ihres Daseins zu finden. Der Therapeut oder die Therapeutin arbeitet folglich ausgehend von einem Gleichwertigkeitsprinzip, wie es u. a. von Walter Kempler beschrieben wird, in einem nichtdiagnostizierenden Umfeld, das die Tatsache respektiert, dass sich der Klient bzw. die Klientin erlebnismäßig, kognitiv und tatsächlich in einer anderen und anders gearteten äußeren und inneren Welt befindet als die, in der sich der Therapeut bzw. die Therapeutin selbst befindet.

Die phänomenologische Methode stellt besondere Anforderungen an die Fähigkeit des Therapeuten bzw. der Therapeutin zur geistigen Offenheit, zum authentischen Sein, zur Inklusivität und Flexibilität, welche nur durch persönliche Arbeit, Selbstreflexion und das Bewusstsein eigener Stärken und Kontaktstörungen in Beziehungen mit anderen Menschen erlernt werden können (sofern der Betreffende diese nicht bereits im Vorfeld beherrscht). Der Therapeut bzw. die Therapeutin muss das mitmenschliche Verhältnis in der therapeutischen Arbeit anerkennen und es vermeiden, dem Klienten bzw. der Klientin als fachkundiger Therapeut oder fachkundige Therapeutin zu begegnen, der bzw. die sein bzw. ihr Wissen abliefern und definieren kann, was der Klient bzw. die Klientin aus seinem bzw. ihrem eigenen Leben machen oder nicht machen sollte. Die phänomenologische therapeutische Arbeit kann somit als ein Streben betrachtet werden.

Walter Kemplers Familientherapie kann als eine Verlängerung oder auch als eine Untergruppe des phänomenologischen und erlebnisorientierten Ansatzes verstanden werden. Walter Kempler arbeitete mehrere Jahre lang mit Perls am Ausbildungsinstitut Esalen in Kalifornien zusammen. Kempler distanzierte sich jedoch allmählich von Perls Methoden und „technischer Herangehensweise“ an den Klienten bzw. die Klientin. Er begann, sich mehr auf die jeweils bestehenden Beziehungen in der Familie des Klienten bzw. der Klientin zu konzentrieren und auf die Interaktionen zwischen den Familienmitgliedern, ihre persönlichen Dialoge sowie den Konflikt zwischen Integrität (persönlichen Grenzen) und Zusammenarbeit. Kempler sieht Symptome als einen Ausdruck für eine ungesunde Interaktion und Kinder als Symptomträger. Er legt Wert auf einen Therapeuten bzw. eine Therapeutin „auf gleicher Augenhöhe“, also eine ebenbürtige Beziehung, ungeachtet der immanenten Asymmetrie, die daraus erwächst, dass der Therapeut bzw. die Therapeutin über mehr Wissen verfügt als der Klient bzw. die Klientin und dem Klienten bzw. der Klientin gegen Bezahlung hilft (Kempler, 1986).
Der erlebnisorientierte, familientherapeutische Ansatz wird durch die aktuellen Arbeiten zahlreicher Theoretiker, und Forscher der Gegenwart gestützt. Daniel Stern (1997, 2004) hat zum Verständnis der Intersubjektivität in der Kindheit beigetragen. I.D. Yalom (1999, 2002) ist ein heutiger Vertreter einer erlebnisorientierten existenziellen Psychotherapie, bei der der authentischen Begegnung größeres Gewicht beigemessen wird als therapeutischen Techniken und Methoden.

Der existenzielle Ansatz (Yalom und Fog) ist durch vier existenzielle Grundbedingungen gekennzeichnet, die für alle Menschen gelten und mit denen sich alle auseinandersetzen müssen. Diese vier Grundbedingungen sind die Einsamkeit, die Sinnlosigkeit, die Freiheit (und damit auch die Verantwortung dafür, sein Leben in einer nicht sinnlosen Weise zu leben) und zu guter Letzt der Tod. Dabei wird unterschieden zwischen dem menschlichen Sein („human being“) und dem menschlichen Tun („human doing“). Das Schwergewicht liegt dabei auf der geistigen Gegenwart, anerkennenden Beziehungen und Authentizität und weniger auf „Techniken und Methoden“. Auch Spinelli (1998) betont das Sein gegenüber dem Tun und ist somit ebenfalls ein Vertreter eines „nicht technischen“ therapeutischen Ansatzes.

Die Gestaltpsychologie (Hostrup, Perls) ist von ihrem Ausgangspunkt her eine Wahrnehmungspsychologie, die sich damit befasst, nach welchen Gesetzmäßigkeiten wir empfinden und Dinge auffassen. Ein populäres Beispiel hierfür ist die Figur mit zwei Gesichtern, die zugleich auch eine Vase darstellt. Hierbei geht es (ebenso wie auch in allen übrigen Zusammenhängen) darum, dass das, was wir empfinden und erleben (sehen, hören, merken und denken) davon abhängt, in welchem Kontext wir dieses empfinden und erleben. Sowohl der Hintergrund als auch die Einzelteile bestimmen die Auffassung der Gesamtheit (Figur) mit. Der auf der Gestaltpsychologie basierende therapeutische Ansatz ist von seinem Ausgangspunkt her – im Gegensatz zum familientherapeutischen Ansatz – individuumsbezogen. Im Mittelpunkt steht die Integration der Einzelteile der Persönlichkeit zu einem zusammenhängenden sinnvollen Ganzen. Perls steuerte hierzu über seinen gestalttherapeutischen Ansatz die besondere Gewichtung der Hier-und-Jetzt-Prozesse bei, bei denen der Therapeut bzw. die Therapeutin durch strukturierte Übungen (Stuhlarbeit) dem Klienten bzw. der Klientin hilft, konfliktreiches Material zu nuancieren und zu integrieren. Die Technik des „leeren Stuhls“ ist im Grunde lediglich eine Metapher dafür, dass man die Perspektive anderer auf die eigene Person, eine bestimmte Gegebenheit oder ein bestimmtes Phänomen einnimmt. Dies ist auch ein zentraler Bestandteil anderer therapeutischer Ansätze, wird jedoch nur in der Gestalttherapie explizit zum Ausdruck gebracht und verbildlicht.

Literaturhinweise zu den wissenschaftlichen Grundlagen

Verweise auf wissenschaftliche Arbeiten bezüglich der Ausrichtung, Methodologie und Wertebasis der Ausbildung sind dem Lektürepensum wissenschaftlicher Autoren/Richtungen zu entnehmen und dort mit Fettschrift hervorgehoben. Das Literaturpensum wird in den aktuellen Semesterplänen aufgeführt, die auf www.ddif.de (in Vorbereitung) abrufbar sind.

ETHISCHE REGELN

Der Unterricht und die Übungen am ddif erfolgen nach Maßgabe der vom dänischen Psychotherapeutenverband und des dänischen Psychologenverbands aufgestellten ethischen Regeln.

Alle Lehrkräfte und Ausbildungskollegen bzw. – kolleginnen begegnen dem Ausbildungsteilnehmer bzw. der –teilnehmerin mit Respekt und Aufgeschlossenheit und unterstützen ihn bzw. ihn bei seinem bzw. ihrem Streben nach Erlangung von Autonomie und persönlicher Entwicklung.

Die Lehrkräfte tragen für das Wohlbefinden der Ausbildungsteilnehmer und –teilnehemerinnen Sorge, indem sie die individuellen Prozesse und die Gruppenprozesse aller Teilnehmer und Teilnehmerinnen begleiten.

Wie beispielsweise Løgstup (laut Fog, 1998, Saglig medmenneskelighed [Sachliche Mitmenschlichkeit], S. 68) und Søren Willert schreiben, handelt es sich dabei in der Praxis um ein Streben nach einem ethischen Verhalten und nicht etwa um die bloße Erfüllung einer Reihe von eindeutigen Regeln.

Die wichtigsten Punkte, die hier hervorzuheben sind, sind:

THEORIE UND FÄCHER

Im Vorangegangenen wurden die theoretischen Grundlagen (persönlichkeits- und entwicklungspsychologische Perspektiven sowie der therapeutische Ansatz) dargelegt, die als wissenschaftliches Fundament der Ausbildung dienen. Die Theorien, Fächer und das Literaturpensum des Unterrichtsplans sind in den aktuellen Semesterplänen aufgeführt, die von der Website www.ddif.de (in Vorbereitung) heruntergeladen werden können.

Die 2-jährige Grundausbildung umfasst vier Theorievorlesungen. Diese vier Vorlesungen werden in einer festen Reihenfolge abgehalten und nehmen daher keinen feststehenden Platz in den einzelnen Semestern ein. Es handelt sich dabei um folgende Vorlesungen:

METHODIK UND PRAXIS

Methodik und Praxis sind den Beschreibungen des Semesterplans unter den jeweiligen Unterrichtsmodulen und Themen zu entnehmen.

THERAPIEARBEIT

In den Ausbildungsgang sind Fertigkeitsübungen in der Durchführung einer Therapie integriert. Diese Übungen finden unter Anleitung einer erfahrenen Lehrkraft statt und sind mit der Theorie und Methodik der Ausbildung verzahnt.
Im Plenum erfolgen Therapiebeispiele sowohl in Sitzungen mit der Lehrkraft als exemplarischem Therapeutenmodell als auch durch thematisch relevante oder anderweitig aktuelle Therapien, bei denen die Ausbildungsteilnehmer bzw. –teilnehmerinnen als Klienten bzw. Klientinnen, Therapeuten bzw. Therapeutinnen und Beobachter bzw. Beobachterinnen oder. Rückmelder bzw. Rückmelderinnen, agieren. Im letztgenannten Setting leistet die Lehrkraft direkte Supervision. Dies erzeugt bei dem Ausbildungsteilnehmer bzw. bei der -teilnehmerin, der bzw. die bei seiner bzw. ihrer Arbeit supervidiert wird, eine Art von persönlichem Lerneffekt, während sich ein ganz anderer Lernprozess bei den übrigen Teilnehmern bzw. Teilnehmerinnen abspielt, die dem Geschehen mit größerer Distanz beiwohnen.

Zentrale Aspekte des Erlernten sind:

Kleingruppe und Therapiearbeit

Ein zentraler und besonders wichtiger Teil der Ausbildung ist die Arbeit in den Kleingruppen. Jede Ausbildungsgruppe wird in drei Kleingruppen mit jeweils 5 bis 6 Mitgliedern eingeteilt. Die Studiengruppen werden bei Beginn der 2-jährigen Basisausbildung zusammengestellt und bleiben grundsätzlich in den folgenden zwei Jahren zusammen. Bei Einleitung des 3. Jahres werden gegebenenfalls neue Kleingruppen gebildet.

In dieser Phase wird an der Schulung, d. h. der Weiterentwicklung der professionellen Sprache und Ausdrucksweise jedes einzelnen Ausbildungsteilnehmers bzw. jeder einzelnen –teilnehmerin gearbeitet. Die Gruppen liefern diesbezüglich wertvolles Feedback und ermöglichen ein Einüben und Internalisieren ohne den Leistungsdruck, wie er bei Anwesenheit einer Autorität/erfahrenen Lehrkraft entstehen kann.

Durch die Kombination der selbständigen Arbeit in den Gruppen mit einer Nachbereitung der Gruppenarbeit, bei der die gruppendynamischen Prozesse bearbeitet und Kenntnisse über diese Prozesse vermittelt werden, wird die Gruppe für die Ausbildungsteilnehmer und –teilnehmerinnen zu einem wesentlichen Entwicklungsraum.

Die Gruppen entwickeln sich oft zu ausgesprochen vertraulichen Räumen zwischen den Teilnehmern und Teilnehmerinnen. Alte Familienstrukturen und Rollen können dabei parallel zu aktuellen privaten oder arbeitsbezogenen Gruppenerfahrungen bearbeitet werden. Die Arbeit wird von den Lehrkräften mit verfolgt.

Im Plenum werden die Gruppen zu „Klientengruppen“ mit der Lehrkraft als Gruppentherapeuten bzw. -therapeutin. Wieder gelten die gleichen Lernprinzipien wie oben, wobei der transparente Prozess sowohl bei den „aktiven“ als auch bei den beobachtenden Teilnehmern bzw. Teilnehmerinnen effektives Lernen und Veränderung ermöglicht.

Aufgabe der Kleingruppen ist das Einüben therapeutischer Arbeit in der Praxis, Supervision und innerhalb des durch die Ausbildung vorgegebenen Rahmens sowie das Arbeiten mit Theorien und Theoriedarlegungen. Ebenso haben die Gruppen die Funktion, den Teilnehmern und Teilnehmerinnen dabei zu helfen, die Pflichtlektüre durchzugehen, zu verstehen und ihre Abhandlung vorzubereiten.

Die Übungsgruppen bilden somit den Kern der Ausbildung als:

Das Augenmerk der Lehrkräfte richtet sich in den Kleinngruppen daher kontinuierlich auf:

Zusammenkünfte und Protokolle

Die Kleingruppen kommen mittags und abends an den Workshoptagen zusammen. Die Anfertigung von Protokollen (im Stil von Tagbuchnotizen) über diese Treffen ist obligatorisch. Die Protokolle sind nach den Workshops, den Lehrkräften zu übermitteln und an info@ddif.de zu senden. Schwerpunkte und Anweisungen für die Protokolle werden in der Einleitung des jeweiligen Semesterplans aufgeführt. Dort finden sich auch die E-Mail-Adressen der einschlägigen Empfänger.

Jede einzelne Studiengruppe hat selbst dafür Sorge zu tragen, ihre Studiengruppentreffen zu planen und abzuhalten, im Anschluss daran Protokolle über die Treffen (insgesamt höchstens 1,5 Seiten zu 2400 Zeichen pro Seite) zu schreiben und diese den Lehrkräften zu übermitteln (vgl. hierzu die Einleitung der Semesterpläne).

Modell für die Arbeit in der Studiengruppe

A) Ermittlung von Arbeitspunkten

Die Gruppe benennt je nach Bedarf einen Verantwortlichen bzw. eine Verantwortliche, der bzw. die an einem Treffen den Prozess steuert und Problemstellungen/Dilemmata für die therapeutische Arbeit ermittelt. Es wird darüber entschieden, welche Gruppenmitglieder als Klienten bzw. Klientinnen auftreten sollen.

Der Klient bzw. die Klientin wählt einen Therapeuten bzw. eine Therapeutin aus.
Der Therapeut bzw. die Therapeutin entscheidet, wer als Supervisor bzw. Supervisorin agieren soll.

B) Supervisor bzw. Supervisorin

Der Supervisor bzw. die Supervisorin fungiert als Stütze für den Therapeuten bzw. die Therapeutin. Die beiden schließen zu Beginn der Therapie eine Übereinkunft darüber, unter welchen Prämissen die Arbeit des Supervisors bwz. der Supervisorin erfolgen soll.

C) Reflektierendes Team

Die übrigen Gruppenmitglieder arbeiten als reflektierendes Team. Aufgabe des Teams ist es, dem Supervisor bzw. der Supervisorin zu helfen. Dem Supervisor bzw. der Supervisorin kommt die Entscheidung darüber zu, inwieweit und wann das Team ggf. seine Betrachtungen bekannt geben soll.

D) Weiterverfolgung

Der Klient bzw. die Klientin äußert sich dazu, wie die Therapie gewirkt hat. Die übrigen Gruppenmitglieder teilen dem Therapeuten bzw. der Therpeutin ihre Reflexionen über seine Leistung mit. Ebenso teilen die übrigen Gruppenmitglieder dem Supervisor bzw. der Supervisorin ihre Reflexionen über seine Leistung mit.
Gegenstand der Reflexion / Bewertung ist der Therapieprozess.

Die Gruppe darf hingegen nicht auf den Therapieinhalt eingehen, da dies leicht zu einer unangemessenen „Nachtherapie“ führen könnte.

E) Die Studiengruppen sind thematischer Teil jedes Workshops.

Auf die Weiterverfolgung der interpersönlichen Arbeit jeder Studiengruppe wird in den Workshops die notwendige verwendet. Dabei werden Beziehungen und Prozesse, Verantwortlichkeiten und persönliche Konfliktthemen, die in der Arbeit in den Studiengruppen auftreten, behandelt.

Gastklienten bzw. -klientin und Therapieübungsarbeit

Gastklienten sind Klienten bzw. Klientinnen, die in einer Unterrichtssituation von einem Ausbildungsteilnehmer bzw. einer -teilnehmerin unter Supervision therapiert werden. Die Therapie ist für den Klienten bzw. die Klientin kostenlos, der bzw. die dafür allerdings die Therapie in einer Unterrichtssituation durchläuft.

Die Ausbildungsgruppe ist selbst dafür zuständig, Gastklienten und –klientinnen für den Unterricht zu finden.

Klientenkoordinator bzw. -koordinatorin

In jeder Ausbildungsgruppe wird ein Klientenkoordinator bzw. eine- koordinatorin ernannt, der bzw. die für die praktischen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Aufnahme von Gastklienten bzw. -klientinnen in der Ausbildungsgruppe zuständig ist, so u. a. für die Information der betreffenden Lehrkraft und der Ausbildungsgruppe.

Alle Lehrkräfte sind verpflichtet, im Semesterplan anzugeben, ob sie an dem Tag, an dem sie unterrichten, Gastklienten bzw. –klientinnen im Unterricht dabeihaben möchten.

Grundlegendes zur Struktur

Für das therapeutische Gespräch im Plenum wird eine Stunde (60 Min.) angesetzt. Wenn es sich bei den Klienten bzw. Klientinnen um Paare oder Familien handelt, können auch 1 1/2 Stunden (90 Min.) vorgesehen werden.

Bevor die Ausbildungsgruppe Gastklienten bzw. -klientinnen empfängt, ist die Gruppe von den Lehrkräften über die Form und Struktur der Sitzung mit dem Gastklienten bzw. der –klientin zu informieren.

Der Gastklient bzw. die –klientin ist darüber zu informieren, welche Bedingungen gelten, wenn er bzw. sie sich in einer Unterrichtssituation zu Übungszwecken zur Verfügung stellt. Der Klient bzw. die Klientin wird von der Ausbildungsgruppe als Gast empfangen und soll sich bei seinen Gastgebern wohlfühlen. Das bedeutet u. a., dass er bzw. sie freundlich empfangen wird und dass er bzw. sie vor Beginn der Therapie Gelegenheit erhält, die Anwesenden in zwangloser Form zu begrüßen.

Grundlegendes zu den Formalitäten

Wenn das therapeutische Gespräch begonnen wird, haben sich die übrigen Anwesenden vollkommen still zu verhalten.

Im Vorfeld werden 2 bis 3 Beobachter bzw. Beobahcterinnen gewählt, denen zusammen mit dem Supervisor bzw. der Supervisorin die besondere Aufgabe zukommt, dem Therapeuten bzw. der Therapeutin Feedback zu liefern, wenn sie darum gebeten werden.

Dem Klienten bzw. der Klientin sollte die Möglichkeit gegeben werden, auf sein bzw. ihr Erlebnis der Situation zu reagieren. „Wie war es für Sie, hier zu sein? Gibt es irgendetwas, das wir Ihrer Meinung nach ändern sollten? Gibt es irgendetwas, das Ihnen besonders gut gefallen hat?“

Nachdem sich der Klient bzw. die Klientin geäußert hat, begleitet der Therapeut bzw. die Therapeutin den Klienten bzw. die Klientin zur Tür und verabschiedet sich von ihm bzw. ihr.

Nach dem Klientengespräch geben die ausersehenen Beobachter bzw. Beobachterinnen und der Supervisor bzw. die Supervisorin (die Lehrkraft) dem Therapeuten bzw. der Therapeutin Feedback.

Der Ausbildungsteilnehmer bzw. die -teilnehmerin, der bzw. die als Therapeut bzw. Therapeutin aufgetreten ist, hat dafür Sorge zu tragen, dass das Gespräch mit dem Klienten bzw. der Klietnin weiterverfolgt wird. Der Ausbildungsteilnehmer bzw. die –teilnehmerin setzt den Klienten bzw. die Klientin davon in Kenntnis, dass man binnen einer Woche erneut mit ihm bzw. ihr in Kontakt treten wird. Dies dient dazu, zu erfahren, ob irgendwelche Nachreaktionen eingetreten sind, die aufgegriffen werden sollten. Es besteht die Möglichkeit, ein Folgegespräch in der Ausbildungsgruppe durchzuführen. Dies ist mit dem Klientenkoordinator bzw. der –koordinatorin der Ausbildungsgruppe abzusprechen. Die nächste Lehrkraft ist hiervon im Voraus durch den Ausbildungsteilnehmer bzw. die –teilnehmerin zu unterrichten, der als Therapeut bzw. die als Therapeutin aufgetreten ist und anschließend mit dem Gastklienten bzw. der -klientin gesprochen hat.

1. und 2. Semester

Gastklienten können in der Ausbildungsgruppe aufgenommen werden. Die Arbeit mit Gastklienten wird von den Ausbildungsteilnehmern bzw. –teilnehmerinnen unter direkter Supervision einer Lehrkraft durchgeführt.

3. und 4. Semester – sowie darauffolgende Semester

Gastklienten werden als obligatorischer Teil des Unterrichts in der Ausbildungsgruppe aufgenommen. Die Ausbildungsteilnehmer bzw. –teilnehmerinnen sind gehalten, unter direkter Supervision psychotherapeutisch zu arbeiten.

5. und darauffolgende Semester

Der Ausbildungsteilnehmer bzw. die –teilnehmerin kann die Gespräche mit dem Klienten bzw. der Klientin in eigener Regie weiterführen, sofern die Lehrkraft dies für vertretbar hält, der Klient bzw. die Klientin hieran Interesse zeigt und der Ausbildungsteilnehmer bzw. die -teilnehmerin individuell supervidiert wird oder an einer Supervisionsgruppe teilnimmt.

Externe Klienten und Therapiearbeit

Im 3. und 4. Jahr sind supervidierte externe Klientenbehandlungsabläufe in eigener Regie oder im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit obligatorisch. Eine Supervision ist verbindlich vorgeschrieben.

Die Ausgaben für die Teilnahme an der Supervisionsgruppe werden durch die Klientengebühren gedeckt, die für einen Teilnehmer bzw. eine Teilnehmerin im 3. Ausbildungsjahr bei 30,- Eruo pro Stunde und für einen Teilnehmer bzw. eine Teilnehmerin im 4. Ausbildungsjahr bei 40,- Euro pro Stunde liegen.